Raum und Zeit

Die heutige Naturwissenschaft geht davon aus, dass es den Raum und die Zeit erst seit der Entstehung von Materie gibt. Erst seitdem sich atomare Teilchen zu Atomen, Molekülen, ganzen Sonnen und Sternenhaufen zusammengefunden haben, ist eine Daseinsebene entstanden, die eine räumliche Ausdehnung und die Zeit kennt. Ohne Materie gäbe es keine dreidimensionalen Räume und auch keine Zeit.

Der Grund dafür, dass Raum und Zeit einander bedingen, liegt darin begründet, dass ohne Zeit keine Bewegung möglich wäre und die Bewegung eine Grundvoraussetzung des Raumes und der Materie ist. Denken wir nur daran, mit welch einer immensen Geschwindigkeit die Elektronen um ihren Atomkern sausen und dadurch das Volumen des Atoms bilden. Erst durch die Verbindung großer Mengen von schwingenden Atomen erreicht die Materie eine Konsistenz, die unserer sinnlichen Erfahrung zugänglich wird. Und weil wir die Materie mit unseren fünf Sinnen fühlen,riechen, schmecken, hören und sehen können sind wir fest von der Existenz räumlicher Dimensionen überzeugt.

Hier stellt sich die Frage: Könnten wir den Raum auch dann sehen, wenn die Zeit nicht existieren würde? Nun, wenn es keine Zeit gäbe, könnten wir uns nicht durch den Raum bewegen, um ihn uns anzusehen, noch nicht einmal unsere Augen bewegen, da ja jede Bewegung das Vorhandensein der Zeit erfordert. Man könnte also sagen: Gäbe es keine Zeit, so würde für uns kein Raum existieren, da wir ihn nicht wahrnehmen könnten - egal auf welche Weise auch immer.

Das Gleiche gilt natürlich auch für die Materie im Allgemeinen. Gäbe es keine Zeit, könnten keine elektromagnetischen Schwingungen die subatomaren Teilchen bilden, die die Grundlage der Atome und somit der gesamten Materie darstellen. Man kann also festhalten, dass es ohne die Zeit keinen Raum gäbe.

Andersherum verhält es sich ebenso: Ohne den Raum gäbe es keine Zeit. Denn Zeit ist unmittelbar mit Bewegung verbunden, und wenn sich die Erde nicht im Weltenraum um die Sonne bewegen würde und das Pendel der Uhr sich nicht im Raum hin und her bewegen könnte, hätten wir keine Möglichkeit, Zeit zu messen. Und wenn man die Zeit mangels Raum nicht messen kann, müsste man sie als "nicht existent" betrachten. Den Umstand, dass Raum und Zeit nicht unabhängig voneinander und von der Materie existieren, formulierte Albert Einstein mit den Worten: "Entferne Materie aus dem Universum, und du entfernst auch Raum und Zeit."

Zu diesem Thema hat Emanuel Swedenborg vor ca. 250 Jahre geschrieben, dass der Natur zweierlei eigen ist, nämlich RAUM und ZEIT. Aus diesen bildet der Mensch, in der natürlichen Welt, die Vorstellungen seines Denkens und aus ihnen seinen Verstand. Bleibt er in diesen Vorstellungen und erhebt sein Gemüt nicht über sie, so kann er durchaus nichts Geistiges und Göttliches fassen. Denn er hüllt es ein in die Vorstellungen, die von Raum und Zeit entlehnt sind, und inwieweit er dies tut, insoweit wird das Licht seines Verstandes bloß natürlich, und aus diesem denken und Schlüsse ziehen über das Geistige und Göttliche, ist wie aus dem Dunkel der Nacht über das denken, was bloß im Licht des Tages erscheint.

Von daher kommt der Naturalismus.

Wer aber sein Gemüt über die Vorstellungen des Denkens, die von Raum und Zeit etwas an sich haben, zu erheben vermag, der geht aus dem Dunkel der Nacht in das Licht des Tages über. Er erkennt das Geistige und Göttliche und sieht zuletzt auch, was in ihm und aus ihm ist.

Jedermann, der Verstand hat, kann sein denken über jenes der Natur Eigene erheben. Erhebt es auch wirklich dann sieht und erkennt er, dass das Göttliche, weil allgegenwärtig, nicht im Raum ist. Leugnet er aber die göttliche Allgegenwart und schreibt alles der Natur zu, so will er nicht erhoben werden, obgleich er es könnte.

Jene zwei Eigenheiten der Natur, welche, wie gesagt, Raum und Zeit sind, legen alle ab, welche sterben und Engel werden; denn alsdann kommen sie in geistiges Licht, in welchem die Gegenstände des Denkens Wahrheiten sind und die Gegenstände dessen was sie mit ihren geistigen Augen sehen den Dingen in der natürlichen Welt ähneln, aber ihren Gedanken Entsprechendes.

Die Gegenstände ihres Denkens, welche, wie gesagt, Wahrheiten sind, haben nichts von Raum und Zeit an sich. Die Gegenstände vor ihren geistigen Augen erscheinen ihnen zwar wie in Raum und Zeit, gleichwohl aber denken sie nicht aus diesen. Dies kommt daher, weil die Räume und Zeiten in der geistigen Welt nicht fest sind wie in der natürlichen Welt, sondern veränderlich, je nach den Zuständen ihres Lebens. Die Folge davon ist die, dass die aus ihrem Denken entspringenden Vorstellungen (Visualisierungen) Lebenszustände sind, für die Räume solche, was sich auf die Zustände der Liebe bezieht, und für die Zeiten solches, was sich auf die Zustände der Weisheit bezieht.

Von daher kommt es, dass das geistige Denken und somit auch das geistige Reden so sehr verschieden von dem natürlichen Denken und dem Reden aus diesem, ist, dass sie außer dem Innern der Dinge, welches alles geistig ist, gar nichts gemein haben.